Freitag, 18. November 2016

Prinzessin für einen Tag (10.-11.10.)

Morgens werde ich also von Jalal und Ahmad zum Bagh-e Shahzadeh gebracht und in die Obhut des Restaurantchefs gegeben. Ich sitze hier bis zum Mittagessen auf Teppichen und genieße die Ruhe und das Plätschern des Wassers, lese in meinem Kindle und beobachte die Touristen. Die meisten müssen immer ziemlich hetzen, um ihre Fotos zu schießen, dem Guide zu folgen und wieder pünktlich am Bus zu sein. Bin ich froh, dass ich so einen Streß nicht habe. 

Mittags darf ich mir dann im Restaurant raussuchen, was ich will. Es gibt Hackfleischspieße mit Joghurt und Dugh. 

Dann will ich mich mit dem Taxi auf den Weg nach Mahan machen, da es dort noch ein sehr schönes Mausoleum anzuschauen gibt. Ich versuche, dem Ticketmenschen zu erklären, dass ich nach Mahan fahre und nachher wiederkomme. Er will mein Ticket sehen. Tja, jetzt wird es schwierig, weil ich das auf Farsi schlecht erklären kann. Aber ein anderer hat wohl mitbekommen, dass ich hier umsonst rein darf und so kann ich dann doch, ohne mein Ticket zu zeigen, das Gelände verlassen. Ich hoffe eigentlich, dass es vor dem Garten Taxis gibt, aber leider Fehlanzeige. Also laufe ich zur Hauptstraße runter, aber auch hier ist weit und breit kein Taxi zu sehen. 

Einen Tag vor Tasua (das ist der zweitwichtigste Tag von Muharram, der wichtigste ist Ashura) ist alles wie ausgestorben. Ein Auto hält an, aber nicht wegen mir, sondern weil etwas aus dem Kofferraum geholt wird. Ein Mann mit Frau und zwei Kindern fragt mich, wo ich her bin. Aus Deutschland, schön! Wo ich hinwill? Nach Mahan zum Mausoleum. Aha, er ist aus Bam. Ok, schade, also nicht aus Mahan. Er will mich aber mit in die Stadt reinnehmen, obwohl er eigentlich da überhaupt nicht hinmuss. 

An einem Zelt, wo sich die Tasua-Feiernden eingefunden haben und es Essen und Trinken umsonst gibt, werde ich gleich gefragt, ob ich was zum Essen möchte. Habe aber ja gerade erst gegessen. Also zieht der Mann los und holt für seine Familie drei Styropor-Schachteln mit Essen und fragt sich seinen Weg zum Mausoleum durch. Ich kann mich immer nur wieder wundern, obwohl ich es ja jetzt schon gewöhnt sein müsste, dass einem hier immer und in höchstem Maße geholfen wird. Am Mausoleum beschließt die Familie kurzerhand sich die Sehenswürdigkeit auch anzuschauen und geht mit rein. Entsetzen breitet sich aus, als sie feststellen, dass ich 150.000 Rial (3,70€) Eintritt zahlen muss, während Einheimische nichts zahlen. Aber so ist das nun mal in Iran, als Tourist zahlst Du immer mindestens, wenn nicht noch mehr als die Einheimischen. Auch das Ticket bei dem Prinzengarten war für Einheimische 7x!!!! günstiger, als für mich. Nach kurzer Zeit verabschiedet sich die Familie wieder, sie muss weiter nach Bam. 

Das Mausoleum inkl. Moschee ist wirklich wunderschön und wurde 1431 für einen aus Syrien stammenden Sufimeister namens Nureddin Nematollah erbaut. Das Grab befindet sich unter einer leuchtend blauen Kuppel mit weißen Bändern. Um das Grab herum liegt die Moschee mit diversen Gebetsräumen und einem wunderschönen Innenhof mit Teich. Außerdem hat es 4 mit Fliesen geschmückte Minarette. 

Im Innenhof spricht mich ein junger Mann an, wie immer die gleichen Fragen und er wünscht mir noch eine gute Weiterreise. Kurz darauf stehe ich am Straßenrand vor der Moschee und warte auf ein Taxi, aber es kommt nur eines und das wiederum fährt nicht zum Prinzengarten. Das hat der junge Mann beobachtet und fragt mich, wo ich hin will. Er hat angenommen, ich wäre mit der Gruppe Ausländer hier, deren Bus vor dem Eingang steht. 
Klar, dass er mich schnell zum Prinzengarten (ca. 5 km) fährt. Also hab ich mir zumindest schon mal die Taxifahrt gespart. Ich bin ja mal gespannt, wie das dann morgen mit der Rückfahrt gehen soll. An Ashura, wo niemand arbeitet und alles zu ist. (Ich werde in meinem nächsten Bericht genauer auf Moharram und Ashura eingehen)

Zurück im Prinzengarten gibt es beim Ticketverkäufer wieder Diskussion, weil da jetzt natürlich ein anderer sitzt, als vorher. Ich mache ihm klar, dass ich heute Nacht hier schlafen werde, aber er meint, ich bräuchte trotzdem ein Ticket. Dass heute für Prinzessin Anja alles umsonst ist, weiß er natürlich nicht und ich kann es ihm auch nicht erklären. Ich mache ihm klar, dass er doch bitte oben im Restaurant anrufen soll. Schließlich darf ich dann doch wieder in MEINEN persischen Garten, ohne Eintritt zu zahlen. 

Bei einem Cay Darjin (Tee mit Zimt), genieße ich den Blick auf die umliegenden Berge. Danach frage ich nach meinem Zimmer und ein Restaurant-Angestellter bringt mich runter. Das Zimmer ist sehr schön, mit 3 Betten, Kühlschrank, Tisch und Stühlen und mit vielen netten Accessoires. 

Als die Sonne untergegangen ist, wird es ziemlich schnell kalt und ich gehe wieder in mein Zimmer und schreibe Tagebuch, bis ich dann um 20 Uhr zum Abendessen ins Restaurant kommen soll. Und jetzt passiert es mir zum ersten Mal, dass ich doch glatt ohne Kopftuch rausmarschiere. Ich merke es auch erst auf halbem Weg zum Restaurant. Zum Glück ist ja sowieso niemand mehr im Garten, aber ich laufe trotzdem schnell wieder ins Zimmer, um es zu holen. 
Jetzt bin ich ganz alleine hier, bis auf den Kellner und zwei Soldaten, die sowieso hier Dienst tun und ca. 20 Meter von meinem Zimmer die Anlage bewachen. Der arme Kellner muss bestimmt wegen mir heute Abend länger bleiben und das auch noch am Abend vor Tasua, aber er ist ist trotzdem super freundlich.

Es gibt Huhn mit Reis, dazu Fladenbrot, Salat, Cola und Wasser. Leider kann ich hier nichts auswählen, denn ich bin ja der einzige Gast heute Abend hier.
Später schlendere ich durch den Garten zurück zu meinem Zimmer, die beiden Paläste sind angestrahlt und vor meinem Fenster fließt das Wasser vorbei. Das ist schon ein ganz besonderes Feeling, hier ganz alleine in dem riesengroßen Park zu nächtigen. 

Am nächsten Morgen gibt es um 8 Uhr Frühstück in der Sonne. Auch hier musste der arme Kellner wieder ran und er hat sich wirklich Mühe gemacht. Es gibt Spiegeleier, Gurken, Tomaten, Fladenbrot, Tee mit diversen Zuckersorten, Marmelade, Butter und Käse. Ich schaffe das fast alles gar nicht. 

Dann gehe ich runter zum Eingang, der natürlich verschlossen ist, denn heute und morgen ist der Prinzengarten nicht geöffnet. Die beiden Soldaten sind sehr nett und der eine ruft mir tatsächlich ein Taxi. Und dann passiert wieder das Unfassbare: Der Taxifahrer ist einer, den Stefan Orth für sein  Buch "Couchsurfing in Iran" abgelichtet hat. Wer es zuhause hat, kann bei den Bildern gerne nachschauen, er trägt einen Hut und fährt einen alten Peykan. Und schon sitze ich bei ihm im total abgewrackten Auto und es geht nach Kerman zurück. Zu meinem Guesthouse kann er mich nicht fahren, denn wegen Tasua sind die Straßen total dicht. Er schmeißt mich also am Bazar raus, wo schon eine riesen Menschenmenge am Feiern ist.

Aber das ist mir auch ganz recht, denn so kann ich mich gleich in das Treiben stürzen, denn das interessiert mich jetzt doch sehr. 

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