Freitag, 18. November 2016

Muharram, der Trauermonat (11.10.)

Bei den Schiiten gibt es insgesamt 12 Imame, die alle verehrt werden. Die Schiiten glauben, dass der 12. Imam irgendwann auf die Erde zurückkommt und alle Menschen (natürlich nur die Schiiten) erlöst und ins Paradies bringt.
680 n. Chr. wurde der 3. Imam mit Namen Hossein bei einer Schlacht in Kerbala (im heutigen Irak) ermordet und geköpft. Schon vor der Schlacht haben die meisten der Soldaten den Rückzug angetreten, angesichts der Übermacht der Gegner. Nur ca. 70 Menschen blieben bei Hossein, mit ihm auch seine Familie. Alle Männer wurden umgebracht, Frauen und Kinder verschont. 

Aufgrund dieses Ereignisses gibt es nun bei den Schiiten jedes Jahr den Trauermonat Muharram, in dem man um diesen Imam trauert. Höhepunkt ist Ashura bzw. der Tag davor, Tasua genannt. An diesen beiden Tagen gibt es Trauerprozessionen, bei denen die Gläubigen Standarten und Banner tragen. Außerdem wird ein sehr schweres Holzgestell getragen, Naql genannt, das mindestens 40 Männer braucht, um es anzuheben. Diese müssen sich auch ständig abwechseln, da das Gestell unwahrscheinlich schwer ist. Dadurch und durch Selbstgeißelungen mit Ketten (Schwerter wurden in Iran nach der Revolution verboten) sollen die Leiden Hosseins nochmal nachempfunden werden. 

Hier eine Auswahl der Bilder, die ich von den Feierlichkeiten gemacht habe, damit ihr euch in etwa vorstellen könnt, wie das abläuft. 

Für uns ist das ganze ziemlich unverständlich und absolut nicht nachvollziehbar. 40 Tage dauern diese Trauerfeiern an, am 40. Tag finden nochmal Feierlichkeiten statt. Dies ist übrigens auch heute noch so. Wenn jemand stirbt, wird am 40. Todestag bei Feierlichkeiten nochmal des Verstorbenen gedacht. Hintergrund ist, dass die Muslime glauben, dass die Seele erst am 40. Tag nach dem Tod den Körper verlässt. 

So laufe ich also stundenlang durch den Basar und schaue mir das Treiben an. Mittlerweile ist alles nicht mehr ganz so ernst gemeint und den Rücken schlagen sich sicherlich nur noch sehr gläubige Menschen blutig. Ich sehe so etwas nicht. 
Der Heimweg zum Guesthouse ist dann doch noch ziemlich anstrengend, habe ja nur meine Flipflops an und mein Rucksack mit allen Wertsachen und Klamotten und Waschzeug ist auch nicht gerade leicht. Bin super froh, als ich endlich die 5 km zurückgelegt habe. 

Jalal ist nicht da, er macht einen Ausflug über die Feiertage, wie mir Ahmad erzählt, der später ins Guesthouse kommt. Er macht mir Abendessen (Omelett), sucht sogar noch einen Bäcker, der offen hat, damit ich morgen Brot mitnehmen kann, kocht mir zwei Eier, die ich auch mitnehmen soll. Außerdem wechselt er mir noch 25€ in Rial, da ich sonst die nächsten Tage nicht über die Runden komme. 
Abends geht Ahmad mit mir noch zu einer besonderen Trauerzeremonie, die es nur am Abend von Tasua gibt. Hier werden Kerzen angezündet und man darf sich etwas wünschen, das dann in Erfüllung gehen soll. 

Ahmad wollte mit mir eigentlich noch zu einer anderen Veranstaltung gehen, aber es ist ihm sichtlich unangenehm, dass er mit mir im Schlepptau ständig angestarrt wird. Ich bin das mittlerweile schon gewöhnt, aber ich verstehe ihn vollkommen. Man kommt sich manchmal vor, wie ein seltenes Tier im Zoo. Also schauen wir uns noch das neue Guesthouse an, das er und Jalal in der Nähe des Basars aus dem Elternhaus von Jalal aufgebaut haben. Das wird eine richtig tolle Unterkunft mit einem Hof in der Mitte, von dem die Zimmer weggehen. Es gibt sogar einen VIP-Room für Leute, die nicht im Mehrbettzimmer schlafen wollen. 

Am nächsten Morgen breche ich sehr früh auf und lasse Kerman hinter mir. 

Vielleicht wird sich der ein oder andere von euch wundern, warum ich nicht nach Bam gefahren bin. Erstens war mir das für einen Tagesausflug zu weit (160 km einfach) und zu teuer und zweitens haben mir mehrere Einheimische gesagt, es wäre noch nicht wieder soviel aufgebaut (2003 hat ein Erdbeben Bam komplett zerstört), dass es sich lohnen würde. In 2-3 Jahren soll ich lieber wiederkommen :-)

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