Freitag, 18. November 2016

Die Insel Qeshm und Abschied von Iran (4.11.-16.11.)

Bei der Ankunft auf der Insel grüßt mich erst mal das Schild "Welcome to Qeshm, calm and charming Island". Qeshm hat einen der größten Geoparks der Welt aufzuweisen sowie von die von der Unesco geschützten Mangrovenwälder von Hara. 

Dann geht es los Richtung Tabl, bzw. genauer gesagt Haft Rangoo, ein Ort in dem Hassan Sharifi lokale Unterkünfte vermietet. Hier ist alles wirklich sehr wüstenhaft, sogar ein paar kleinere Sanddünen sind zu sehen und Kamele, die hier rechts und links oder auch auf der Straße stehen. 

Allerdings passt die Luftfeuchtigkeit gepaart mit der Hitze überhaupt nicht zur Wüste. Aber wie ich mir von einem Passagier auf der Fähre habe erklären lasse, habe ich Glück und diese Zeit ist wettertechnisch sehr angenehm. 

In Laft gibt es noch eine historische Altstadt sowie einen historischen Hafen mit vielen Dows, die hier noch gebaut werden. Auch einige sehr schöne Windtürme sieht man hier. Es ist jetzt mittags einfach nicht auszuhalten und ich beschließe, mir den Ort nochmal zu einer anderen Zeit anzuschauen.

Kurz hinter Laft hält ein Auto und eine Frau reicht mir eine gekühlte Orange, Apfel und zwei Gurken raus. 100 m später hält das Auto erneut und eine Flasche mit gefrorenem Wasser wandert in meine Hände. Genau das habe ich jetzt bitter nötig. Allerdings ist die noch so sehr gefroren, dass man noch nichts trinken kann. 

Wenig später hält ein kleiner Lieferwagen, ob ich mitfahren will. Da sage ich bei dieser Wahnsinns-Hitze mal nicht "nein" und schon wird mein Rad auf die Ladefläche gehievt. In Kavarzin, dem nächsten Ort muss mich der gute Mann leider wieder rausschmeißen, aber immerhin habe ich mir so ungefähr 10 Kilometer in einer schwülen Backofenhitze ohne Umluft gespart. 

In Tabl frage ich im Supermarkt nach Hassan Sharifi, der Besitzer ruft ihn an und er kommt, um mich hier aufzupicken. In der Zwischenzeit sitze ich im klimagekühlten Laden und schütte mir ein Radler (ohne Alkohol selbstverständlich) mit Namen "Bavaria" und eine Flasche Dugh rein. 

Die Unterkunft von Hassan ist wirklich super toll! Mitten im Dorf befindet sich das aus Lehm erbaute Haus mit einem großen Innenhof. Dort sind Hängematten unter einem Palmdach und um den Hof angeordnet sind die Zimmer und Sitzecken. Alles total urig und genau mein Geschmack. 

Gemeinschaftsbad, Gemeinschaftsküche mit Kühlschrank, in der man sich auch mit Tee versorgen kann. Die Zimmer haben zwar nur einen Ventilator, aber es wird schon gehen. Am Boden liegen Matten und dicke Decken (klar, doch!). Ich rolle mir nur eine Schlafmatte aus, ein Kopfkissen ist auch da und dazu mein ganz dünner Seidenschlafsack.

Als erstes beziehe ich mein Zimmer, dann duschen, Wäsche waschen und dann gibt es Mittagessen. Das bereiten die Frauen des Dorfes zu und wir gehen dazu ein paar Häuser weiter, wo gekocht wird. Es gibt Reis, eine leckere Sauce mit Kartoffeln drin und - das erste Mal in Iran - Fisch. Außerdem Torshi (sauer eingelegtes Gemüse) und Datteln, die hier in Tahin (Sesamsauce) getunkt werden.

Die nächsten Tage werde ich hier mit leckerem Essen (Haifisch, Krabben, Shrimps, Tintenfisch, Felafel etc.) verwöhnt, alles immer schön scharf gewürzt. Auch das Frühstück ist sehr lecker. Es gibt Gurken, Tomaten, Spiegelei oder hartgekochtes Ei, Schafskäse, Dattelmarmelade, sowas ähnliches wie "Auszogne" (wenn man die noch warm in Dattelmarmelade tunkt ist das wirklich der Hammer!), Kirchererbsen oder weiße Bohnen und das leckere Lavash-Brot, in das man die ganzen verschiedenen Köstlichkeiten wie in einen Tortilla-Wrap wickeln kann. 

Hier tragen einige Frauen die traditionelle Burke, eine Art Gesichtsmaske, die nicht wirklich mehr viel vom Gesicht erkennen lässt. Es sieht wirklich sehr ungewöhnlich aus. Leider wollen die Frauen nicht fotografiert werden, deshalb musste ich dafür herhalten (zwei Touristen haben sich diese Maske gekauft und ich hab sie mir ausgeliehen)

Nun ist nur die Frage, wielange bleibe ich hier? Zeit hätte ich 10 Tage und man kann hier wirklich einiges anschauen. Die Übernachtung mit Frühstück, Mittag- und Abendessen kostet 20€ und ist auch noch im Budget. 

Uwe, der deutsche Radler, den ich in Shirazgetroffen habe, hat mir geschrieben, dass seine Überfahrt von Bandar Lengeh nach Dubai ohne Angaben von Gründen gecancelt wurde und er dann doch von Bandar Abbas gefahren ist. Das wäre natürlich super blöd, wenn ich am 16.11. in Bandar Lengeh kein Schiff kriege und dann bis abends nach Bandar Abbas kommen muss, geht dann nur mit Bus. 

Dann ist die Frage, ob überhaupt an dem Tag von Bandar Abbas ein Schiff fährt. Wenn nicht, dann kriege ich meinen Flug nach Thailand nicht rechtzeitig in Dubai. Meine andere Idee ist, dass ich doch ein paar Tage früher nach Bandar Lengeh fahre und versuche, früher nach Dubai zu kommen. Aber wenn das dann nicht klappt, dass die mein Ticket umschreiben, sitze ich blöd in Lengeh rum und habe dort täglich Hotelausgaben. Werde mal die nächsten Tage abwarten, wie die Lage hier ist und was ich zu tun gedenke. 

Am nächsten Morgen beim Frühstück bespreche ich mit Kate und Simon, einem jungen Pärchen aus Australien, die auch hier im Guesthouse sind, was wir uns zusammen anschauen wollen. Kate ist die absolut beste Verhandlerin, denn sie handelt für alle Sightseeing-Stops, die wir machen wollen einen super Preis aus. Für 12€ pro Person machen wir Ausflüge nach Laft, zur Schiffswerft, wo die Dows noch heute gebaut werden, in den Chahkook Canyon und eine Bootstour zu den Hara Mangrovenwäldern. Gleich nach dem Frühstück geht es nach Laft, die alte Stadt, durch die ich gestern schon gekommen bin. Wirklich toll sind die vielen Badgirs (Windtürme) dort, die mit noch mehr Details verziert sind, als ich es in Yazd gesehen habe. 

Auch die Schiffswerft ist super toll, leider ist jetzt in der Mittagshitze dort niemand am Arbeiten.

Danach geht es in den Chahkook Canyon, ein Slot-Canyon ähnlich dem Antelope Canyon in USA, aber nicht so farbenprächtig. Auch hier sind Wasser und Wind die Steinmetze, die den weichen Sandstein formen. Es ist brutal heiß, aber im Canyon gibt es einige Brunnen mit kühlem Wasser, das ein Mann für uns hochholt. Das letzte Mal hat es im Dezember letzten Jahres geregnet. Wahnsinn, oder?


Dann geht es zum Mittagessen wieder ins Guesthouse. Es macht mal richtig Spaß, ein bisschen Unterhaltung zu haben. Kate und Simon (31 und 25 Jahre alt) haben ihre 7monatige Tour in Deutschland gestartet, sind durch die Balkanländer gereist, in die Türkei, haben tolles Trekking in Georgien gemacht und jetzt sind sie noch 2 Wochen in Iran, dann geht es weiter nach Jordanien, Israel und zum Schluss stehen noch 5 Wochen Indien auf dem Proramm. Richtig super nett die beiden!

Wir tauschen e-mail Adressen und Kontaktdaten aus, die Couchsurfing-Einladung für Melbourne habe ich somit schon in der Tasche und sie meine für Dachau :-)

Nach dem Mittagessen geht es zum Hafen von Tabl und mit einer deutschen Familie (Christoph, Klara und zwei Kindern) auf ein Boot in die Mangrovensümpfe. Unser Bootsguide bringt uns zu der Hütte, in der sein Vater lebt. Schaut es euch selbst an und dann will ich nie wieder Beschwerden hören von wegen euren Wohnungen / Häusern oder sonstigem Kleinkram :-)

Hier soll es Pelikane und sogar Flamingos geben und viele Zugvögel aus Sibirien, die hier überwintern. Leider ist es einfach schon so früh dunkel, dass wir nicht bis zu deren Gebieten fahren können, sehen aber immerhin einige Graureiher. 

Als wir heute in den Qeshm Geopark gefahren sind, ist mir klar geworden, dass ich diese Seite (Westseite) der Insel unbedingt mit dem Rad umrunden will, egal ob ich dabei einen Hitzschlag kriege. Das sieht alles super schön aus, nur sind wir heute mit dem Auto einfach zu schnell daran vorbeigeflitzt. 

Abends unterhalten ich mit noch ewig lange mit Kate und Simon. In meinem Zimmer ist es sowieso noch viel zu heiß zum schlafen und selbst der Ventilator kriegt die Hitze nicht raus. 

Am nächsten Tag verhandle ich erst mal meinen Zimmerpreis neu, denn Kate und Simon haben mir ihren verraten und die zahlen weniger und haben aber ein besseres Zimmer. Hassan sagt sofort ja, als ich ihm sage, dass hier wohl ein Missverständnis (ich, die Diplomatie in Person) vorliegt. Also zahle ich wohl immer noch zuviel, aber sei´s drum. Ich bin jetzt auf 15€ die Nacht mit allen Mahlzeiten. 

Nachmittags bike ich in brütender Hitze zum Sonnenuntergang ins Tandis Valley, das ca. 8 km entfernt ist. Ich bin total alleine dort und es ist einfach wieder mal ein Highlight.

Weiter in der Ferne sehe ich Kamele. Ui, da muss ich hin, das sieht wirklich wahnsinnig malerisch aus. Eine ganze Herde wird da gerade von 3 Hirten (2 Männern und einem Bub) zusammengetrieben. Und sie sind hocherfreut, dass ich die Kamele so toll finde und soll noch viel näher ran, damit ich besonders tolle Bilder machen kann. 

Bevor es dunkel wird, muss ich natürlich wieder zurück sein, mein Licht habe ich nicht dabei, außerdem fahre ich auf den Straßen ohnehin nicht gerne im Dunkeln. 

Abends esse ich mit Ali und Somaiyeh aus Teheran.  Somaiyeh ist eine Feministin und Revoluzzerin. Sie haßt den Hedschab und läuft hier im Innenhof mit Trägertop und enger Hose herum. Sie ist Managerin in einer Landschaftsbau-Firma in Teheran und das passt den Männern dort überhaupt nicht unter einer Frau zu arbeiten. Aber das - ganz ehrlich - ist in Deutschland ja auch nicht anders, vielleicht nicht ganz so extrem. 

Vor ein paar Jahren sind 3000 Frauen in Teheran ohne Hedschab auf die Straße gegangen, 35 von ihnen wurden verhaftet und ausgepeitscht. Dies war die Antwort auf meine Frage, was denn passieren würde, wenn jetzt ganz viele Frauen ohne Hedschab auf die Straße gehen würden, alle könnte man ja schlecht verhaften. 

Somaiyeh erzählt, dass sie einige Bilder von sich ohne Hedschab auf Instagram gepostet hat, woraufhin ihr Mann von einigen Leuten scharf angegangen wurde, ob er denn seine Frau nicht im Griff hätte.

Ich habe eigentlich auf meiner ganzen Tour durch dieses Land keinen einzigen Menschen getroffen, der gesagt hätte, der Iran wäre gut. Ich frage die beiden auch danach, denn irgendjemand muss ja die Regierung gewählt habe. Ali vergleicht das mit USA, wo die Leute Hillary Clinton wählen, weil sie Trump noch schlimmer finden. (Tja, das war noch bevor wir alle wussten, wie die Wahl ausgehen würde.)

In Iran werden die Kandidaten von den Mullahs aufgestellt und dann kann man sich das beste von beiden Übeln raussuchen.

Wir diskutieren ewig über die Lage im Iran und ich frage sie, ob sie nicht auch schon überlegt hätten, den Iran zu verlassen. Beide waren schon inhaftiert, weil sie ihre Meinung öffentlich geäußert haben. Ali ist Journalist und ständig wird er überwacht und seine Berichte geändert. Ich überlege lange, was ich denn in deren Situation machen würde. Sie könnten, wenn sie wollten sofort politisches Asyl in USA, Australien oder Europa beantragen. Aber sie haben beschlossen zu bleiben, um etwas zu ändern, denn Hoffnung, sagt Ali, gibt es immer. 

Als Tourist bekommt man in der Regel von solchen Dingen nichts mit, wenn man nicht gerade mit Einheimischen Kontakt bekommt, die einem unverblümt die Wahrheit sagen. 

So verbringe ich die nächsten Tage in meiner chilligen Unterkunft, mache einige Trips in die verschiedenen Sektionen des Geoparks und lasse es mir hier richtig gut gehen. Ich lerne hier die unterschiedlichsten Leute kennen:

Eine Familie aus Straßbourg, die in Teheran lebt, weil er für Ärzte ohne Grenzen arbeitet und sie für die UNO. Marco arbeitet in Teheran an einem Projekt, das Drogenabhängigen hilft. Das muss hier wirklich schlimm sein, denn die Leute kommen hier ganz leicht an Drogen, wenn sie wissen wie und aufgrund der ausweglosen Lage (kein Job, keine Zukunft), greifen viele zu Drogen oder Alkohol. 

Farzah (Fafa) aus Teheran, die sich dem Reisen verschrieben hat und seit Juni hier hängengeblieben ist. Sie arbeitet im Guesthouse und mit den Frauen im Ort, entwickelt einige Biketaschen aus Kamelsatteltaschen (sie selbst ist auch Bikerin, hat aber ihr Rad gerade in Istanbul stehen). Sie will meine Erfahrungen mit den Ortliebtaschen wissen, denn sie möchte verschiedene abtrennbare Compartments in ihre Taschen einbauen, damit man nicht immer alles aus den Taschen räumen muss, was ich sehr gut finde. Ich rege außerdem an, für die Mulitfuelkocher noch eine Aussentasche zu kreieren. Sie spricht super englisch und wir unterhalten uns sehr lange über das Reisen. Sie will als nächstes nach Nepal oder nach Argentinien, vielleicht irgendwo Land kaufen und eine Farm eröffnen. Sie hat so viele Träume und Wünsche, es macht richtig Spaß, ihr zuzuhören. 

Roland und Sabine aus Österreich, die jetzt noch zum Skifahren nach Teheran fahren, was ich mir hier in der Hitze gerade überhaupt nicht vorstellen kann. 

Eine Pärchen, er aus Madrid, sie aus China. Er findet in Madrid keine Arbeit und will nun nach Vietnam, um dort ein Lokal zu eröffnen. Außerdem ist er Fotograf und macht tolle Architektur-Aufnahmen.

Eine Familie aus Frankfurt, sie ist Iranerin und sie kommen jedes Jahr hierher, haben ein Apartment in Teheran und zwei kleine Kinder. 

2 Freundinnen aus Finnland, eine davon hat 2 Jahre in Teheran studiert und kommt jedes Jahr hierher, weil sie sich in das Land verliebt hat. 

Es ist wirklich cool zu sehen, wer hier so jeden Tag aufs Neue hereingeschneit kommt, was für unterschiedliche Leute mit den verschiedensten Backgrounds und Interessen. 

Fafa ruft für mich bei der Fährgesellschaft an und wir finden heraus, dass das Ticket nicht auf ein früheres Datum zu ändern ist, weil es mittlerweile nur noch 1x pro Woche eine Fähre gibt. Wahrscheinlich hatte Uwe einfach den falschen Tag (wahrscheinlich Samstag gebucht) und das wurde dann gecancelt. 

Ein Video, das ein Mann bei Bastak von mir gemacht hat, taucht bei einem der Guides namens Behyar auf Qeshm per What´s App auf und er erkennt mich, als er zwei Touristen hierher bringt. Wir unterhalten uns lange und er will auch eine Bike-Tour durch Iran machen. Später schreibt er mir über What´s App, ob ich nicht zu ihm nach Qeshm Town kommen will, damit ich ihm ein paar Tipps geben kann. Da ich jetzt genügend Zeit habe, werde ich das wohl machen. Allerdings war er dann nicht da, als ich in Qeshm ankam, sodass wir uns doch nicht treffen konnten. 

Toll ist mein Ausflug zu der Salzhöhle, der mich nochmal 60 km über die Insel führt. Ich bin ganz alleine dort, der Wärter gibt mir die Stirnlampe in die Hand und sagt, "da geht´s rein". 

Man kann 200 Meter weit in die Höhle hinein gehen, wo überall das Salz durch die Wände kommt, das wie Schnee aussieht. Die absolute Dunkelheit, wenn man die Lampe ganz im hinteren Teil ausmacht, ist etwas, was es draußen so nie geben kann. Selbst wenn sich die Augen nach einiger Zeit an die Dunkelheit gewöhnt haben müssten, es ist nichts zu sehen und auch absolut kein Geräusch zu hören. Total spooky! Aber irgendwann ruft der Wärter nach mir, wahrscheinlich war es ihm schon mulmig, wie lange ich da drin bleibe. Der Schweiß läuft mir in Strömen runter, es ist nicht - wie in anderen Höhlen - kühler. Ob das am Salz oder an der allgemeinen Hitze liegt, ich weiß es nicht. Das Klima in der Höhle soll besonders für Asthmakranke sehr gut sein. 

Es gibt hier auch noch einen Part, für dessen Besuch man einen Guide braucht, denn man muss ein großes Stück auf allen Vieren durch einen ca. 50cm niedrigen Gang robben. Absolut nichts für mich, schon beim Gedanken daran wird es mir ganz anders. Aber die Fotos im Visitor Center sehen schon beeindruckend aus, denn da hängen die Salzkristalle wie an langen Schnüren von der Decke. Vom Wärter bekomme ich dann noch eiskaltes Wasser in meine Wasserflasche gefüllt und dann geht es die lange Schotterstraße durch eine Landschaft, die aus einem Science Fiction Film sein könnte, zurück zum Guesthouse. 

Einen Nachmittag gehen wir alle (die beiden Hassan's, Ismail, Fafa und die 2 Mädels aus Finnland) in den Mangrovenwald zum Schwimmen (im Bikini). Ich probiere mich im Wasserskifahren, was super klappt. Der Start ist zwar wahnsinnig schwer, weil man kurz bevor man aus dem Wasser kommt, denkt, man kann das Seil nicht mehr halten, so ein brutaler Zug kommt in dem Moment auf das Seil. Wenn man dann steht, geht es besser. Ich fahre dann 4x hin und her und das ist eine ziemliche Strecke durch die Mangrovenkanäle. Zum Glück nicht mit zwei Wasserskiern, sondern mit einem Snowboard-ähnlichen Wasserski. Das ist sicherlich einfacher, als mit zwei Skiern. Die Jungs können es nicht glauben, dass ich das vorher noch nie probiert habe, denn schon beim 3. Start stehe ich auf dem Brett :-) (Angeberin, ich weiß).
Leider hat wieder niemand ein Bild davon gemacht. 

Später machen wir noch ein Lagerfeuer und genießen die Ruhe hier in dieser Abgeschiedenheit, einem kleinen Paradies ohne Verbote. Dann geht es zurück zum Guesthouse. 

An meinem letzten Tag im Guesthouse fahren wir vier Mädels (die zwei Finninnen, Fafa und ich) und Kudshko (er heißt eigentlich auch Hassan, wie der Besitzer, aber er ist kleiner, was auf persisch kudshik heißt, deshalb haben sie ihn Kudshko genannt) zum Baden auf die Insel Hengam, eine der Insel Qeshm vorgelagerte Insel. In den abgeschiedenen Buchten kann man im Bikini ins Wasser gehen. Vor ein paar Jahren ist Kudshko noch auf einer Felsklippe gesessen und hat nach Booten Ausschau gehalten, damit im Fall der Fälle die Mädels gleich aus dem Wasser können um sich schnell was überzuwerfen. Das brauchen wir jetzt nicht mehr zu tun, aber zu weit sollen wir nicht rausschwimmen und jeder zuckt zusammen, wenn er Motorengeräusch hört. Einfach unglaublich, denn wahrscheinlich weiß jeder auf der Insel, dass wir hier zum Bikini-Baden herkommen. Erlaubt ist es natürlich dennoch nicht und wir würden ziemlich in Schwierigkeiten kommen, wenn uns ein Sittenwächter hier sehen würde. 

Abends taucht ein ganz neugieriger Fuchs auf dem Dach unseres Guesthouse auf, später steht er frech in der Tür zur Küche. Er ist hier immer auf der Suche nach Essbarem und holt sich schon auch mal ein Huhn. 

Nach 6 Tagen verabschiede ich mich von allen und fahre los, um den Westteil der Insel zu umrunden. Wenigstens eine Nacht möchte ich in dieser Traumlandschaft zelten. Meine letzte Packung Trekkingnahrung muss auch weg und so ziehe ich mit 10 kg zusätzlichem Gepäck (Wasservorrat) los. 

2 Nächte bleibe ich in der Einsamkeit des Geoparks, eine Nacht über den Klippen am Meer und eine Nacht am Geopark Visitor Center in der Nähe vom Stars Valley

Am 3. Tag fahre ich nach Qeshm Town, da ich unbedingt mal duschen muss und meine Klamotten waschen. Ich finde ein günstiges Hotel, in dem ich die Nacht verbringe.

Als ich nachmittags so in der Lobby sitze und meine emails checke, kommt die Managerin vom Hotel, die mich fragt, ob ich Interesse hätte, bei einem Interview für das Fernsehen mitzumachen. Das darf doch nicht wahr sein, ist jetzt schon das dritte Mal. Um 20 Uhr würde der Reporter vorbeikommen.

Vorher gehe ich aber noch mit Rafia, der Hotelangestellten nach Hause und wir lassen es uns bei einer Kalyan (gesprochen Kaljun) gut gehen. By the way, wenn ihr in Iran seid, NIEMALS nach Shisha fragen. Shishe ist hier in Iran die persische Bezeichnung für Chrystal Meth!

Es stellt sich dann heraus, dass das Interview für eine Online-Zeitung ist. Mit im Schlepptau hat der Reporter einen perfekt deutschsprechenden Iraner, namens Alireza, der lange Zeit in Oldenburg gelebt hat. Oldenburg, klingelt da bei mir nicht was? Nein, noch nicht...

Hier muss ich mal ein bisschen ausholen:
Ich habe in Deutschland das Buch "Mögen Deine Hände niemals schmerzen - eine verbotene Liebe im Iran" gelesen. In diesem Buch gibt es zwei Hauptpersonen. Eine davon ist Sasan aus Teheran, bei dem ich gleich zu Anfang war, denn er kennt die Schriftstellerin. Und Sasan hat 15 Jahre in Oldenburg gelebt. Nun fragt mich doch Alireza allen Ernstes, ob ich das Buch kenne. Er wäre eine der Hauptpersonen, da er mit der Schriftstellerin in Deutschland liiert war. Ich fass es nicht. Natürlich kennt er auch Sasan und wir rufen ihn direkt an. So einen Zufall gibt es doch einfach nicht, dass ich genau die zwei Personen aus diesem Buch hier treffe!!! Wie schon früher geschrieben, es ist unglaublich, was sich in Iran innerhalb von Stunden tun kann und wie kleinste Entscheidungen alles mögliche auf den Plan rufen können. Erstens wollte ich gar nicht nach Qeshm, das hab ich nur wegen dem Radler auf das Programm genommen, zweitens wollte ich auch nicht in das Hotel, sondern in ein anderes, was ich aber nicht gefunden habe. 

Im Hotel gefällt es dem Reporter nicht so und wir beschließen zu Alireza ins Beachrestaurant zu gehen. Hier im ViP-Bereich auf der Terrasse direkt am Meer führen wir das Interview und ich futtere leckeren Fisch. Wir tauschen Kontaktadressen aus und dann fahre ich mit dem Taxi ins Hotel zurück. 

Am nächsten Tag geht es weiter nach Laft, somit habe ich die Insel einmal gegen den Uhrzeigersinn umrundet. Mit der Fähre geht es hier zurück aufs Festland und dann weiter die Hauptstraße nach Westen Richtung Bandar Lengeh. Die Kilometerangabe von den Straßenschildern stimmt überhaupt nicht, denn ich brauche grade mal 1,5 Tage nach Lengeh. Eine Nacht schlafe ich schön ruhig in einem schönen Canyon während der Vollmond mein Zelt hell beleuchtet.

Noch eine Story zur Isomatte muss ich zum besten geben. Die Wulst hat sich jetzt schon soweit ausgedehnt, dass die Liegefläche etwas geschrumpft ist. Ich frage mich, ob, wenn alle Rillen auseinandergeplatzt sind, man das Teil dann noch als diese Banane, die man hinter einem Boot herzieht, verwenden kann. Aber ich denke, wenn man sich dann draufsetzt, explodiert das Teil einfach.

In Lengeh komme ich im Hotel Amir unter. Den Namen "Hotel" verdient diese Absteige absolut nicht. Das Bett ist ein Fall für meinen Seidenschlafsack, denn die Leintücher und Decken haben alle Brandlöcher. Außerdem wusste ich gar nicht, dass ich hier das Kettenraucher-Zimmer bestellt hatte. Der Duschkopf vom Gemeinschaftsbad ist voller Schimmel (schwarz) und die Klimaanlage ist brutal laut. Aber ohne geht es auch nicht. Zumindest ist ein Kühlschrank im Zimmer und wenn ich mein Handy ganz nah an die Wand zum Gang lege, habe ich sogar minimalen WLAN-Empfang, denn die "Lobby" des Hotels ist alles andere als einladend. Da ich jetzt schon früher als gedacht hier bin, muss ich auch noch 2 Tage hier zubringen. Die Stadt hat auch nichts nennenswertes zu bieten, noch dazu, macht es hier keinen Spaß rumzulaufen, da einen hier wirklich JEDER anstarrt. Ich komme mir vor, wie das Männchen vom Mars. 

Am 16.11. ist es dann soweit, ich radle zum Schiffsterminal. Mein Rad wird dort erst mal gewogen: 60 kg! Und das ohne Wasser und den Rucksack, den ich normalerweise noch hinten auf dem Gepäckträger habe. Komischerweise muss ich nichts nachzahlen, denn eigentlich waren laut Auskunft des Reisebüros nur 50 kg frei. 

Warum das so ist, wird mir schnell klar. Wir fahren hier nicht mit dem Katamaran-Schnellboot, sondern mit der normalen Autofähre, nur dass die keine Autos mitnimmt. In das große Schiff kann man natürlich unendlich Waren einladen. 
Da die lieben Beamten nicht so lange warten wollen, bis ich meine Taschen vom Rad entfernt habe, wird das Rad einfach im Ganzen durch den Scanner gefahren. Das passt natürlich nicht so ganz und verkeilt sich. Super! Dadurch springt mal erst die Kette raus und zweitens demolieren sie dadurch meine Handyhalterung am Lenker. So ein Mist, nun muss ich schauen, wie ich in Dubai Ersatz finde. 

Mein Pass bleibt dann ewig bei einem Beamten liegen. Als das Schiff zum boarden bereit ist, will mir keiner den Pass geben und der Beamte meint, sie würden den Pass mit aufs Schiff nehmen. Kommt ja überhaupt nicht in Frage, nachher vergißt den noch einer hier und ich stehe dann in Dubai ohne Pass da und werde zurück geschickt. Ich bliebe also solange da stehen und wiederhole meine Bitte, meinen Pass zu bekommen, bis er mir dann doch in die Hand gedrückt wird. Ich checke auch gleich, ob der Ausreisestempel drin ist, denn das ist auch etwas, auf das man immer schauen sollte. 
Mit dem Bus werden wir zum Schiff gebracht und kann von oben noch das Treiben im Hafen beobachten. Hier wird die Ladung der Dows gelöscht und neue aufgeladen. Alles per Hand und mit Menschenketten, die die Waren an Bord bringen. So stelle ich mir vor, dass es vor hunderten von Jahren war, ein schönes Bild. 

Um 11.30 Uhr legt die Fähre von Lengeh ab und ich düse Dubai entgegen. Langsam verschwindet die persische Küste im Dunst. 

Ich bin hier insgesamt 2965 km geradelt (ja, ich weiß, die 35 km, um 3000 voll zu machen, hätte ich jetzt auch noch radeln können :-)), habe 2100€ verbraucht, 305€ und 45$ sind noch übrig, sowie ein paar Rial. 12 Wochen bzw. genau 84 Tage habe ich dieses schöne Land bereist. 

Khodafez Iran - Danke für die wunderbare Zeit und die umwerfende Gastfreundschaft!!! 
 
Abschließend noch mein FAZIT:

Wer schon immer nach Iran wollte, sollte das bald tun, bevor hier wie auch anderswo das Land vom Tourismus verdorben wird. Die Anfänge sind leider schon spürbar. 

Ob in einer Gruppe oder individuell, es wird immer ein ganz besonderes Erlebnis sein. Ich würde es zwar nicht mehr mit dem Rad machen, aber mit Bus und Zug ist es wunderbar möglich und unterwegs helfen einem die Leute weiter wo sie nur können. Man braucht eigentlich nur die erste Übernachtung, von dort aus kann man dann immer die nächste Station buchen. Die Hotelbesitzer organisieren einem gerne die Bus- und Bahntickets oder rufen im nächsten Hotel an, um dort für einen zu reservieren. 

Allerdings hat man dann wahrscheinlich nicht den Genuss, das Privatleben der Iraner hautnah mitzuerleben, aber die ein oder andere Einladung ist sicher trotzdem dabei.
Das fand ich ganz besonders toll, dass ich nicht von einem Kebabstand zum nächsten gehen musste, sondern die ganze Vielfalt der iranischen Küche bei Muttern erleben durfte. 

Geldmäßig habe ich nun zum Schluss noch erfahren, dass man doch nicht sein ganzes Bargeld durch die Lande fahren muss. Man kann gleich zu Beginn sein mitgebrachtes Bargeld zur Bank bringen und bekommt eine Art Zahlkarte, auf die alles überwiesen wird. Man kann damit in wirklich jedem kleinen Laden mit dieser Karte bezahlen. Ein paar Rial kann man sich ja von den Euros wechseln lassen, damit man nicht für jede Wasserflasche mit Karte zahlen muss. Leider habe ich das zu spät erfahren, wobei es ja überhaupt kein Problem diesbezüglich gab. 

Einziger Wermutstropfen ist die islamische Kleiderordnung, die man beachten muss, aber ich denke, wenn man nicht wie ich auf dem Rad sitzt, ist das so schlimm auch nicht. Nur das Baden für Frauen ist schwierig. Auf Qeshm (und wahrscheinlich Kish) ist es auch für Frauen im Bikini möglich, dazu muss man sich aber ein Boot chartern und sich in einsame Buchten oder auf die kleinen umliegenden Inseln bringen lassen, wo einen keiner sieht. 

Ganz sicher ist Iran das gastfreundlichste Land mit den liebsten Menschen auf dieser Erde. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es ein Land gibt, das das noch toppen kann. Super sicher noch dazu, eine wunderbare alte Kultur und schöne Landschaft, wenn man auf wüstenhafte Gebiete steht, denn die überwiegen nun mal. Lediglich im Norden ist es grüner. 

Wer weitere Infos oder Hilfe bei der Reiseplanung braucht, kann sich gerne nach meiner Rückkehr an mich wenden.

Liebe Grüße aus DUBAI - ein Kulturschock! 
Eure Anja

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